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In Äthiopien wagt sich die Anthroplogin Anne-Sylvie Malbranke hoch hinauf: Das Gheralta-Massiv erhebt sich bis in 3.000 Meter Höhe. Es liegt im Norden des Landes, in der Region Tigray, an der Grenze zu Eritrea. Im Herzen dieser massiven Sandsteinfelsen haben die Christen vor über 1.000 Jahren ihre Kirchen gebaut, um Gott noch näher zu sein. Wie ein Finger zeigt ein langgestreckter Felsen zum Himmel. Hier versteckt sich die Kirche, die am schwersten zugänglich ist: Abuna Yemata. Khasa will in einigen Tagen dort ihre drei Monate alte Tochter Arsiema taufen lassen. Khasa lebt nach einer Tradition, die auf das Alte Testament und das Gesetz Moses zurückgeht und vorsieht, dass Mädchen exakt 80 Tage nach ihrer Geburt getauft werden. Bei Jungen sind es 40 Tage. Äthiopien wurde im 4. Jahrhundert als erstes afrikanisches Land christianisiert. Die Rituale haben sich seither nur wenig verändert. Am Tag der Taufe verlassen Khasa und ihre Tochter das Dorf und machen sich auf den Weg zur Kirche. Khasa und ihre Familienmitglieder tragen traditionelle weiße Kleidung und legen einen Fußmarsch von über einer Stunde zurück, bevor sie den Berg erreichen. Bei der Taufe selbst wird der Vater nicht dabei sein. In Äthiopien ist dieses Ritual die Sache der Frauen. Sie sind es, die den beschwerlichen Weg zwischen Himmel und Erde auf sich nehmen, um ihr Kind zur Kirche zu bringen. Am Fuße der Kirche angelangt, muss die junge Mutter zunächst noch eine schwindelerregende Felswand erklimmen – mit bloßen Händen und Füßen krallt sie sich im Fels fest. Der Aufstieg ist angsteinflößend und gefährlich. Die Menschen in Äthiopien nehmen dieses Risiko auf sich, damit ein anderer den Eintritt ins Leben feiern kann.